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Roger Hodgson und seine Band am 07. September 2015 im Tempodrom in Berlin

von Oliver Heller





Im Alter von 47 Jahren habe ich mich nach dem Konzert gefragt, wie ich diesen Mann rund drei Jahrzehnte lang aus den Augen (wenn auch niemals aus den Ohren) verlieren konnte. Meine gesamte Jugend hindurch hatte er mich begleitet und beglückt, hatten Roger Hodgson und Supertramp meine akustische Wahrnehmung geprägt und meine musikalische Erwartung hochgeschraubt an all das, was noch kommen sollte – jedoch nicht kam, denn bereits 1983 war bekanntlich Schluss mit Supertramp.



Ein Jahr später wurde sein Solo-Song In Jeopardy zu meinem letzten großen Hodgson-Ohrenschmaus, dann verlor ich seine Spur, das Leben spülte mich Neuem entgegen. Andere Bands konnten natürlich nicht anknüpfen an diese Musik, denn Supertramp waren und sind einzigartig, ein Vincent van Gogh der Musik, eine Epoche für sich.



Nun saß er mir direkt gegenüber, seinerseits inzwischen zarte 65 Lenze alt, lächelte uns sanftmütig zu, machte Witze, verteilte Komplimente, erkundigte sich nach der Klangqualität im Tempodrom, in dem er noch nie zuvor gespielt hatte – und haute ein Highlight nach dem anderen heraus in so altvertrauter Weise, als säße ich wie einst vor meinem Plattenteller. Von Take the Long Way Home über School, The Logical Song, Child of Vision bis zu Don’t Leave Me Now erlebte ich Momente, die zu meinen schönsten Konzerterlebnissen überhaupt gehören. Eine Musik, die in ihrer Fülle und Vielfalt, in der Intensität und Vitalität der von ihr ausgehenden Stimmungen auch nach so langer Zeit unmittelbaren Widerklang in mir fand, mich vom ersten Ton an mitriss und mich bis heute, acht Wochen später, noch nicht wieder losgelassen hat.



Auch ohne Orchester erzielten Roger Hodgson & Band orchestrale, sinfonische Wirkung. Seine Band: musikalische Alleskönner, die Supertramp in nichts nachstehen. Die Wiedergabe der Stücke: authentisch, makellos, ohne die geringste Einbuße gegenüber Studioversionen und früheren Live-Aufnahmen. Die Lautstärke optimal, die Auswahl der Songs wunderbar – einmal abgesehen vom scheinbar obligatorischen It’s Raining Again-Ausklang, dem für mich müdesten und komischer- oder bezeichnenderweise hierzulande erfolgreichsten aller Supertramp-Titel.



Als wir rauskamen, regnete es nicht. Aber in mir funkelte es – und tut es bis heute.


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